Schätze aus Bibliotheken, Museen und Sammlungen

Bücher sind Schätze von unvorstellbarem Wert, wie viele Auktionen der letzten Zeit gezeigt haben. Sechs stellige Euro-Beträge sind keine Seltenheit mehr wenn es darum geht Unikate zu bewerten. Einige dieser meist kaum zugänglichen Schätze wollen wir Ihnen hier vorstellen und Sie für einen Besuch in einer der verwahrenden Institutionen zu begeistern, um einmal selbst solch einen Schatz in Augenschein zu nehmen.  

Das Evangeliar Heinrichs des Löwen

Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel

Foto: Wikimedia
Foto: Wikimedia

Aus nebulöser Quelle zum teuersten Buch der Welt. Als ein Konsortium aus Bundesregierung, Landesregierungen, öffentlichen Institutionen und Privatspendern das Evangeliar Heinrichs des Löwen 1983 im Auktionshaus Sothebys erwarb, galt es mit einem Auktionspreis von 32,5 Millionen DM als das teuerste Buch der Welt. Aus welcher Quelle es stammt und wer es in die Londoner Auktion gegeben hat, ist unbekannt. Gesichert ist, das es im Gepäck der aus Hannover vertriebenen Welfen 1866 nach Österreich kam.

 

Der Welfe Heinrich der Löwe, Herzog von Braunschweig und Sachsen, und seine Gemahlin Mathilde von England stifteten das zwischen 1175 und 1188 entstandene Evangeliar für den Marienaltar der Braunschweiger Stiftskirche St. Blasii, dem Braunschweiger Dom. Die Handschrift gilt als Hauptwerk der romanischen Buchmalerei des 12. Jahrhunderts. Es gehörte zum legendären Welfenschatz. 

  

Nach der Restaurierung und Ausstellungen in der ganzen Bundesrepublik wird das vollständig erhaltene Evangeliar nun in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel unter der Signatur Codex Guelf. 105, Noviss. 2° aufbewahrt und ist aus konservatorischen Gründen nur alle zwei Jahre für wenige Wochen der Öffentlichkeit zugänglich. Einzelne Faksimileseiten bzw. das Gesamtfaksimile des Evangeliars aus dem Jahre 1989 kann man an mehreren Orten, u.a. im Braunschweiger Dom, in Helmarshausen/Nordhessen und in Herzberg/Harz, betrachten.

 

Die 34,2 x 25,3 cm große Handschrift enthält die vier Evangelien und entstand mit großer Sicherheit in der Benediktinerabtei Helmarshausen. Sie umfasst 226 Pergamentblätter mit 50 ganzseitigen Miniaturen, 17 Kanontafeln, vier Bilder der Evangelisten, neun Zierseiten und 20 Bilddarstellungen. Ca. 1.500 kleinere, 77 größere und sieben große, reich verzierte Initialen sind in den Text eingearbeitet.  Für die Farben der Abbildungen wurden z.T. pulverisierte Edelsteine eingesetzt, Gold, Silber und Purpur wurde für die Tinten verwendet. Der Herstellungsprozess, der sich oft über Jahre hinzog, folgte einem genauen Plan, der dramaturgisch angelegt wurde. Mit seinem Reichtum an Farben und Gold stellt das Evangeliar den Höhepunkt der Prachtentfaltung in der romanischen Buchmalerei dar.

Foto: Privat

Aber nicht nur der Inhalt des Evangeliars ist bemerkenswert, auch der Einband zeugt von größter Handwerkskunst.

Der Buchdeckel ist mit Gold, Edelsteinen und Perlen reich verziert. Die Handschrift war somit eindeutig für die Repräsentation in der Herzogskirche konzipiert und nicht für das Buchregal. Es sollte auf dem Altar des Domes vom Glanz und Reichtum der Stifter zeugen.

 

Es verwundert daher nicht, dass sich die Stifter, wie in vielen anderen Evangeliaren, auch im Inhalt verewigen ließen. Dabei wurde stets auf die göttliche Gnade des Herrschaftsanspruches symbolisch hingewiesen. So auch im Evangeliar Heinrichs des Löwen, wo die göttlichen Hände dem Herrscherpaar die Kronen aufsetzen.

File:Heinrich der Löwe und Mathilde von England.jpg

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