Im Bücherschrank entdeckt

In fast jeder Bibliothek finden sich Schätze, die aufgrund ihres Inhaltes, ihrer Ausstattung oder ihrer Einmaligkeit unsere Aufmerksamkeit verdient haben. Auf diese Bücher möchten wir an dieser Stelle den Blick lenken. Besitzen Sie auch so ein Stück? Schreiben Sie uns und beschreiben Sie Ihren Schatz mit Wort und Bild.

Ein königlicher Einband - Gotthold Klee "Friedrich der Große"

Buch Einband Friedrich der Große
Foto: Archiv StoriArte.de

Manch einen Schatz entdeckt man ohne ihn zu suchen. Der Zufall lenkt unseren Blick auf etwas, was unser Interesse erregt. Ziel meiner Recherche war eigentlich eine Ausgabe der bekannten Friedrich der Große - Biografie von Friedrich Kugler. Beim Durchstöbern des Antiquariatsangebotes fiel mein Blick jedoch auf ein besonders schön eingebundenes Buch über den Preußenkönig. Es bot alles, was dem Buchliebhaber so gefällt, einen schönen Ledereinband, Bünde, Goldschnitt Lesebändchen und feine Goldprägungen. Hier hatte sich ein Buchbinder wahrlich Mühe gegeben und ein Zeugnis seiner Kunst abgeliefert. Doch wer sorgte für diese edle Ausstattung, die sich wohl kein Verlag erlaubt hätte. War es ein Verehrer des großen Preußen-Königs oder gar der Autor selbst, der sein Werk in besonders schöner Ausstattung präsentieren wollte?

Gesellenstück Buch Buchbinder
Foto: Archiv StoriArte.de

Als ich das Buch aufschlug, fand sich auch gleich des Rätsels Lösung. Bei dem Einband handelt es sich um das Gesellenstück eines Buchbinder-Lehrlings Namens Erich Lindner. Leider ist nicht erkennbar in welchem Betrieb und welcher Stadt dieser Buchbinder sein Gesellenstück fertigte. Sicher ist, dass es ihm hervorragend gelungen ist. Die Verarbeitung weistt keinen Makel auf und die Wahl der Materialien und Farben erfolgte mit viel Gefühl für die Ästhetik des Buches. Schriftgröße, Typographie und Proportionen der zierenden Linien sind wohl gewählt und korrespondieren sowohl mit dem Inhalt als auch mit der Narbung des gewählten Leders.

Gotthold Klee Friedrich der Große Ledereinband
Foto: Archiv StoriArte.de

Die genarbte Struktur des dunkelgrünen Leders ist fein strukturiert und doch fühlbar. Durch die die leicht glänzende Oberfläche des Leders entsteht ein seidiger Glanz. das goldene Zierwerk ist tief geprägt und bildet klare Konturen, die nirgends brüchig wirken. Entgegen modernen Bezugsstoffen, verlangte Leder den Buchbindern schon immer eine größere Kunstfertigkeit ab. Beim Umschlagen der Kanten durften sich nicht zu viele Falten bilden, die unschöne Wülste zur Folge hätten. Im vorliegenden Fall hat der Buchbinder an allen Stellen sauber gearbeitet und sanfte Übergänge geschaffen. Der dunkle Grünton des Leders erhöht zudem die Strahlkraft der Goldprägung, die auch nach Jahren nichts an ihrem Glanz verloren hat. Oft festzustellende Oxidationen der Goldfolie sind diesem Werk erspart geblieben, was für die Hochwertigkeit des gewählten Materials spricht.

Bünde Buchbinder
Foto: Archiv StoriArte.de

Die Bünde sind ebenfalls sauber herausgearbeitet. Die feinen Goldlinien erhöhen die Wirkung der Bünde ohne sie zu überstrahlen. Das der Buchbinder mit behutsamer Sorgfalt die Bünde geformt hat, läßt sich daran erkennen, dass das Leder an keiner Stelle feine Risse aufweist oder gar seine Farbe verliert. Zu den Seiten sind die Bünde zusätzlich abgeflacht um auch an diesen sensiblen Stellen keine Beschädigungen des Leders zu provozieren. Das Titelschild ist farblich schön auf das dunkelgrüne Leder in einem angenehmen Rotton abgestimmt. Es ist sauber verklebt und auch noch heute bis an die Ränder haftend. Die gewählte Fraktur-Schrift ist auch in der kleinen Ausführung auf dem Titelschild gut lesbar.

Friedrich der Große Gotthold Klee
Foto: Archiv StoriArte.de

Den Inhalt dieses buchbinderischen Kunstwerkes bildet die aus dem Otto Spamer Verlag in Leipzig erschienene Biographie Friedrichs des Großen von Gotthold Klee aus dem Jahr 1903. Wie er selbst schreibt "ein vaterländisches Geschichtsbuch" "erzählt für Jugend und Volk". Dies entspricht der Tradition des Otto Spamer Verlages, der sich der populären Geschichtsvermittlung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts verschrieben hatte. Viele populäre Geschichts- und Jugendbücher, stets reich bebildert, sind dort in jener Zeit erschienen. Das Werk Gotthold Klees, eines Pädagogen und Studienrates, hatte dieselbe Zielrichtung. Warum der Buchbinder gerade ein sehr populäres Buch für sein Gesellenstück auswählte, bleibt sein Geheimnis. Vielleicht wollte er auf diese Weise den großen Friedrich seine Referenz erweisen. Vielleicht hatte es aber auch nur die idealen Maße für sein Vorhaben. Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall hat ein ein Schmuckstück für jede Bibliothek geschaffen, das nun seinen Ehrenplatz in meinem Bücherschrank gefunden hat. Ein Königsbuch mit königlichem Einband.

In Leder gebundene Betrachtungen über den Krieg.

Carl von Clausewitz Vom Kriege
Foto: StoriArte.de

Ganz offensichtlich wollte hier ein Bewunderer der Schriften des berühmten Militärtheoretikers Carl von Clausewitz dem geschätzten Werk einen würdigen Rahmen verleihen. Grundlage der vorliegenden Halbleder-Ausgabe ist die 1915 erschienene 10. vermehrte Ausgabe des Werkes Clausewitz Vom Kriege. Von Christian van Weyden

  

Dem Werk von Clausewitz vorangestellt sind begleitende Vorworte zu ihrer Zeit bekannter Militärs, wie zum Beispiel der Generalfeldmarschälle Leopold Prinz von Bayern, von Bülow und von Mackensen. Bemerkenswert an diesen „Begleitworten“ ist, dass Sie als Faksimiles dem Buch beigefügt wurden. Ein ausführliches Sach- und Namensregister am Ende des Buches trug der Oberstleutnant a.D. D.P. Creuzinger bei. Die Ansammlung namhafter Militärs zur Begleitung des Clausewitz Textes unterstreicht die Bedeutung dieses Werkes für das deutsche Militär. Mitten im Ersten Weltkrieg erschien diese Ausgabe wohl nicht zuletzt auch zur Untermauerung der militärischen Moral.

 

Clausewitz vom Kriege
Foto: StoriArte.de

Das militärische Standardwerk wurde mit einem hochwertigen Einband versehen. Den ursprünglichen Titel hat der Buchbinder in die Halblederausgabe mit eingebunden. Vor und hinter dem Buchinhalt hat er noch zusätzliche Vakatseiten hinzugefügt.

Lederrücken
Foto: StoriArte.de

Für den Rückenwurde ein grünes Leder ausgewählt, das sicher bei der Neubindung dunkler gewesen sein dürfte, als es heute ist. An den Seiten und den kleinen Lederecken ist dies noch erkennbar. Das Buch hat also längere Zeit im Sonnenlicht gestanden, was zur hell Verfärbung des Lederrückens geführt hat.

Bünde Goldprägung
Foto: StoriArte.de

Sieben Bünde mit dünnen Goldstreifen gliedern den Rücken Die Goldprägung der Linien und des Titels kam sicher auf dem dunkleren grün noch besser zur Geltung. Für den Deckel hat der Buchbinder einen Karton mit leicht strukturiertem Papier bezogen. Die farbliche Struktur des Papiers erinnert an Granitstrukturen, allerdings in einem gelblichen Farbton. Die Ecken der Deckel sind mit Leder bezogen, das allerdings nur ganz wenig unter dem Papier hervor lugt. Der Buchblock hat einen grauen Farb-Kopfschnitt.

Lesebändchen Vorsatzpapier
Foto: StoriArte.de

Zusätzlich wurden zwei weiße Lesebändchen mit eingebunden. Das Kapital, an sich ganz hübsch in bordeauxrot und weiß gehalten, mag allerdings zu dem grünen Leder nicht so recht passen. Für die Spiegel hat der Buchbinder ein einfaches gelbliches Vorsatzpapier gewählt. Hier hätte ein farblich abgestimmtes Papier den ansonsten edlen Eindruck des Buches noch unterstrichen. Warum er darauf verzichtet hat, bleibt sein Geheimnis.

 

Ebenfalls ein Geheimnis bleibt, warum der Auftraggeber für diese aufwendige Halblederausgabe keine höherwertige Original-Buchausgabe gewählt hat. Der Buchblock der Originalausgabe ist uneinheitlich geschnitten. Manche Seiten deutlich kürzer als andere. Der Satzspiegel variiert in der Höhe durch die unterschiedlich beschnittenen Seiten. Auch das Papier dieser Ausgabe ist recht grob und steht so im Widerspruch zum anspruchsvollen Einband.

 

Foto: StoriArte.de
Foto: StoriArte.de

Besondere Beachtung bei dieser Ausgabe verdient der passende Buchschuber. Er ist mit dem gleichen Papier bezogen wie die Deckel des Buches. An den Kanten der Öffnung für das Buch hat der Buchbinder allerding auch das grüne Leder zum Einsatz gebracht. Dass er dabei dem runden Buchrücken entsprechend auch den Schuber rund gearbeitet hat, forderte besonderes buchbinderisches Geschick.

Foto: Storiarte
Foto: Storiarte

Fast ohne Ansatz schmiegt sich das Leder um die Rundung. Schiebt man das Buch in den Schuber entsteht ein hervorragender Gesamteindruck, der erst beim Aufschlagen des Buches durch die mäßige Qualität des Original-Buchblocks getrübt wird. Dennoch ein sehr schönes Werk und eine Zierde der Bibliothek.

Vom Kriege Karl von Clausewitz Graf von Schlieffen
Foto: StoriArte.de

Vom Kriege / Karl von Clausewitz. Mit einer Einführung von Graf von Schlieffen nebst einem ausführlichen Sach- und Namenregister von P. Creuzinger

Verfasser: Clausewitz, Karl von

Ausgabe: 10., verm. Aufl.

Ort/Jahr: Berlin [u.a.] : Behr, 1915

Umfang: XXXVI, 821 S.